Gedanken und Gefühle im Griff

Gedanken und Gefühle im Griff

Kreisen Deine Gedanken immer um ein und dasselbe belastende Thema? Erlebst Du Deine Gefühle als zu stark, übermannen sie Dich oder haben Dich im Griff? Glaubst Du, dass Du keinen Einfluss auf Deine Gefühle hast? Dann geht es Dir wie vielen anderen Studierenden auch.

Das Gute ist: Du kannst Deine Gedanken und Gefühle beeinflussen. In diesem Kapitel erfährst Du, wie Gefühle entstehen, was Deine Gedanken damit zu tun haben und wie Du mit unangenehmen Gefühlen umgehen kannst.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gedanken laufen oft automatisch ab und verursachen bestimmte Gefühle. Dies kannst Du durch Übung ändern – das macht Dich unabhängiger von äußeren Situationen und Einflüssen.
  • Wir alle haben Lebensregeln verinnerlicht, meist ohne diese zu hinterfragen. Sie können Dir aber auch im Weg stehen. Mache Dir Deine verinnerlichten Lebensregeln bewusst und verändere sie, wenn nötig.
  • Manchmal führen negative Gedanken zur „Selffulfilling Prophecy“ und werden so zur Realität. Dieser Kreislauf lässt sich bewusst unterbrechen.
  • Unser Gehirn verarbeitet bevorzugt negative Gedanken. Es hilft, alternative Gedanken zu formulieren und dabei die „inneren Widerstände“ zu überwinden.
  • Gefühle wie Freude, Angst, Scham und Wut haben ihren Sinn, können aber auch unangemessen sein. Wenn Du die Rolle dieser Gefühle verstehst, kannst Du einschätzen, wann es sinnvoll ist diesen zu folgen und wann Du bewusst anders handeln solltest.
  • Wenn Du auf Deine Grundbedürfnisse wie genug Essen, Trinken und Schlaf achtest, verringerst Du Deine allgemeine emotionale Verwundbarkeit.

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Podcast | Gedanken und Gefühle im Griff (34:40)
gelesen von Shanti Chakraborty

Deine (automatischen) Gedanken beeinflussen Deine Gefühle und Dein Handeln.

Dein Gehirn ist eine Gedankenmaschine. Ununterbrochen denkst Du über irgendetwas nach und bewertest die Welt und das, was um Dich herum passiert. Dir ist dies nur nicht zu jedem Zeitpunkt bewusst, es geschieht fast automatisch. Dadurch hast Du vielleicht den Eindruck, dass Du keine Kontrolle über Deine Gedanken hast. Und vielleicht denkst Du auch, dass Deine (negativen) Gefühle abhängig von äußeren Umständen sind, wie einer blöden Situation oder Deinem Gegenüber, das Dich geärgert hat.

Deine Gedanken und Deine Bewertungen in einer Situation sind aber entscheidend dafür, wie Du Dich fühlst und verhältst. Ganz simpel erklärt bedeutet dies: Positive Gedanken/Bewertungen lösen positive Gefühle aus, negative Gedanken dagegen negative Gefühle, und denkst Du neutral über eine bestimmte Situation, fühlst Du Dich neutral/gleichgültig. Die Bewertung der Situationen ist subjektiv und abhängig von den Erlebnissen und Erfahrungen, die Du bisher in Deinem Leben gemacht hast.

„Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern unsere Sicht der Dinge.“

Epiktet, Griechischer Philosoph

In der kognitiven Verhaltenstherapie spricht man in diesem Zusammenhang vom ABC-Modell:

A steht für „activating event“, das ist die Situation, in der Du Dich gerade befindest,
B steht für „beliefs“, das sind Deine Gedanken, Bewertungen und Überzeugungen bzw. Annahmen in dieser Situation und
C steht für „consequences“, die Gefühle, Verhaltensweisen und körperlichen Reaktionen, die daraus entstehen.

Die gute Nachricht ist: Du selbst bist verantwortlich für Deine Gedanken und Gefühle, Du kannst sie also beeinflussen und verändern.

Dein innerer Monolog, die Art und Weise, wie Du mit Dir selbst sprichst, entscheidet, wie Du Dich fühlst und verhältst. Das erklärt auch, warum sich zwei Personen in derselben Situation ganz unterschiedlich fühlen können.

Stell Dir folgende Situation vor:
Mia war mit einer Freundin zum Kaffee verabredet, diese sagt kurzfristig ab (A). Mia denkt: „Meine Freundin mag mich nicht, sonst hätte sie nicht abgesagt.“ (B). Mia ist traurig, niedergeschlagen und verbringt den Nachmittag alleine zu Hause.“ (C).
Stell Dir nun vor, dass Nele in derselben Situation ist, allerdings denkt sie: „Och schade, ich hatte mich schon so gefreut, sie mal wieder zu sehen. Dann frage ich Jan, ob er spontan Zeit hat mit mir joggen zu gehen.“ (B). Nele ist zwar etwas traurig über die abgesagte Verabredung, aber plant ihren Nachmittag einfach um (C).
In dem Beispiel fällt auf, dass Mia eine sehr negative Sicht hat und die Absage der Freundin auf sich bezieht. Nele ist eher optimistisch und plant ihren Tag um.

Beobachte Deine Gedanken.

Beobachte doch einmal Deine eigenen Gedanken und die Konsequenzen auf Deine Gefühle und Verhaltensweisen. Wie oft hast Du negative Gedanken in Deinem Alltag? Folgende Signalwörter helfen Dir diese zu erkennen: muss, müsste, hätte, sollte, furchtbar, schrecklich, das Schlimmste, nie, niemals, nie mehr, immer, völlig, keiner, niemand, alle, jeder.

Ein Experiment: Ersetze diese Gedanken doch mal testweise mit einem anderen und beobachte, wie Du Dich dabei fühlst. Ändere zum Beispiel „Ich muss jetzt noch 20 Seiten lesen.“ in „Ich finde das Thema spannend und will jetzt gerne darüber lesen.“. Findest Du noch mehr Beispiele aus Deinem Leben?

Wenn Du mehr darüber erfahren willst, schau Dir das Übungsblatt an, hier findest Du viele weitere Beispiele für typische (automatische) Gedanken und daraus resultierende Gefühle und Verhaltensweisen.

Erlernte Lebensregeln beeinflussen Deine (automatischen) Gedanken.

Im Kindesalter lernst Du, was „gut“, „schlecht“, „unanständig“, „gefährlich“, usw. ist. Deine Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer, Freundinnen und Freunde sowie andere wichtige Bezugspersonen prägen Deine Sicht der Welt.

Im Laufe Deines Lebens entwickeln sich auf Grundlage Deiner Erlebnisse und Erfahrungen mit ähnlichen Situationen viele Überzeugungen und Einstellungen. Manche sprechen auch von Grundannahmen/Glaubenssätze/Lebensregeln. Es handelt sich dabei um Einstellungen gegenüber Dir selbst, anderen Menschen und der Welt. Diese können funktional und hilfreich sein (Bsp.: „Wenn ich mich anstrenge, kann ich das schaffen.“, „Mir fällt es leicht, Freunde zu finden.“, „Ich kann erwarten, fair behandelt zu werden.“) oder Dich blockieren (Bsp.: „Ich bin nicht gut genug.“, „Ich bin nicht liebenswert.“, „Das Leben ist ungerecht.“). Diese Regeln beeinflussen Dein Handeln. Schlechte Prüfungserfahrungen in der Schulzeit können zum Beispiel dazu führen, dass Betroffene die Erwartung haben, dass sie die Prüfungen im Studium auch nicht gut meistern können und keine guten Noten haben werden.

Die automatischen Gedanken und Bewertungen in einer bestimmten Situation leiten sich aus diesen Lebensregeln ab.

Als Kind hast Du diese Einstellungen übernommen, ohne sie zu hinterfragen. Erst später, vielleicht im Teenager- bzw. im jungen Erwachsenenalter, beginnst Du darüber nachzudenken, wie Du die Welt siehst und wie Du sie sehen möchtest. Stellst Du dann fest, dass einige der Denk- oder Verhaltensmuster Dich nicht glücklich machen oder Dich nicht an Dein Ziel bringen, dann kannst Du überlegen, ob und wie Du diese verändern könntest.

Lebensregeln sind nicht per se gut oder schlecht. Entscheidend ist, was Du daraus machst. Leistungsmotiviert zu sein, hilft Dir im Studium bzw. im Beruf erfolgreich zu sein. Es kommt aber auch auf die Dosis an und ob Du mit Deinem Leben zufrieden bist.

Jeder Mensch hat andere prägende Erfahrungen in seinem Leben gemacht. Daher reagiert jeder auch unterschiedlich auf verschiedene Situationen. Aus Deiner Lebensgeschichte entstehen persönliche Trigger. Trigger sind Situationen/Handlungen etc., die bestimmte Gedanken und Erinnerungen in Dir hervorrufen. Es ist hilfreich, sich dieser bewusst zu sein.

Meine Lebensregeln

Überlege Dir einmal, welche Lebensregeln Du über Dich hast (z.B. „Ich muss stark sein“, „Ich muss mich anstrengen“, „Ich muss es allen recht machen“, „Ich muss perfekt sein, um geliebt zu werden“…). Solche Sätze beginnen häufig mit „Ich muss…,“ oder „Ich soll….“.

Wenn Du Dir noch mehr Gedanken dazu machen möchtest, kannst Du Dir das folgende Arbeitsblatt anschauen.

So erkennst Du automatische, nicht hilfreiche Gedanken und lernst, wie Du ihnen eine neue Richtung geben kannst.

Hast Du den Eindruck, dass Deine Gedanken und bestimmte Denkmuster häufiger unangenehme Gefühle bei Dir auslösen? Erlebst Du diese manchmal als sehr stark? Dann ist es sinnvoll sich diese Gefühle und die auslösenden Gedanken einmal genauer anzuschauen.

Kommst Du zu dem Ergebnis, dass Deine Gedanken von Zeit zu Zeit oder in bestimmten Situationen nicht gut für Dich und Dein Leben sind, kannst Du diese verändern. Du entscheidest, was Du denkst und was Du glaubst.

In der kognitiven Verhaltenstherapie werden hinderliche Gedanken in drei Schritten bearbeitet:

  1. Bewusstmachen Deiner Gedanken,
  2. Überprüfen,
  3. Verändern.

1. Bewusstmachen Deiner Gedanken

Da Gedanken meist automatisch und unbewusst ablaufen, ist der erste Schritt auf dem Weg zur Veränderung das Bewusstmachen Deiner Gedanken.

Achtsamkeit mit Deinen Gedanken

Notiere einige Tage lang alle Deine Gedanken in und rund um die Situationen, in denen Du unangenehme und intensive Gefühle empfindest. Dafür kannst Du Dir ein schönes Notizbuch kaufen oder Du nutzt die Notizfunktion in Deinem Handy. Wichtig ist, dass Du Dir zeitnah die Notizen machst, rückblickend ist es immer schwer sich an alles zu erinnern. Schon das Aufschreiben und Bewusstmachen dieser Gedanken kann guttun und Deine Stimmung positiv beeinflussen (siehe auch die Übung „ABC-Modell-Teil 1„).

2. Überprüfen: Wie wirken sich Deine Gedanken aus?

In einem nächsten Schritt kannst Du Dir genauer anschauen, welche Konsequenzen Deine Gedanken haben. Geht es Dir gut damit? Helfen Sie Dir das Leben zu leben, das Du möchtest? Kommst Du Deinen Zielen näher? Manche Gedanken unterliegen Denkfehlern und sind katastrophisierend und unrealistisch.

Gedanken als Selffulfilling Prophecy

Das Gehirn macht keinen Unterschied zwischen Deiner Vorstellung und einem tatsächlichen Erlebnis. Es kann schnell ein Kreislauf zwischen Gedanken, Gefühlen und Verhalten entstehen. Wenn Du z. B. erwartest, in der bevorstehenden Prüfungsphase sehr schlechte Leistungen zu erbringen, wirst Du vermutlich angespannt und ängstlich sein und Dich weniger gut auf den Lernstoff konzentrieren können. Dir fällt eher auf, was Du alles noch nicht kannst, statt was Du schon weißt. Die Konsequenz davon ist, dass Du noch negativer denkst und ängstlicher wirst. So schneidest Du in den Prüfungen vielleicht sogar tatsächlich nicht gut ab, weil Du Dich nicht gut vorbereiten konntest. Dieses Phänomen nennt man „Selffulfilling Prophecy“.

Mehr zu dem beschriebenen Teufelskreis kannst Du auch im Abschnitt „Eine Frage der Sichtweise“ im Kapitel „Prüfungsstress meistern“ nachlesen.

Unser Gehirn schenkt negativen Informationen mehr Beachtung

Zusätzlich zu dem, „was“ Du denkst, hat auch einen großen Einfluss, „wie“ Du denkst. Das Wort „nicht“ nimmst Du etwa gar nicht wahr. Vielleicht kennst Du das folgende Gedankenexperiment schon: Denke jetzt bitte nicht an einen rosa Elefanten… An was denkst Du? Wahrscheinlich an einen rosa Elefanten.

Zudem ist es so, dass das menschliche Gehirn negative Informationen stärker verarbeitet als positive. Das ist wichtig zu wissen bei der Formulierung angemessener, alternativer Gedanken, sie sollten konkret und positiv formuliert sein. Ein Beispiel: „Ich möchte im nächsten Semester die Vorlesung nachbereiten“ statt „Ich will nicht mehr aufschieben.“

Hier findest Du eine Auflistung typischer Denkfehler.

3. Veränderung Deiner Gedanken

Um Gedanken eine neue Richtung zu geben, wird eine spezielle und einfache Methode, die 5-Spalten-Technik, verwendet. Im folgenden Download erklären wir Dir, wie Du sie anwenden kannst.

Mache einen Gedanken-Check: Überprüfe Deine automatischen Gedanken und verändere diese mit Hilfe der 5-Spalten-Technik. Hier findest Du ein Beispiel dazu .

Gedanken zu verändern ist nicht gleichbedeutend mit „Schönreden“, es geht eher darum die Gedanken zu entschärfen bzw. einen realistischen Blick einzunehmen. Das Motivierende an der neuen Sichtweise ist, dass Du nicht das „Opfer“ einer Situation bist. Es sind nicht nur die äußeren Umstände, die Dich emotional leiden lassen. Situationen stehen oft fest und treten häufig ohne Deinen Einfluss auf – auf Deine Gedanken aber hast Du Einfluss, diese kannst Du verändern und dadurch selbst entscheiden, was Du aus Situationen machst.

Nachhaltige Veränderung: Negative Gedanken verringern, positive Gedanken steigern

Jetzt weißt Du, wie Gefühle entstehen, warum Du so denkst, wie Du denkst und wie Du hilfreiche von nicht hilfreichen Gedanken unterscheiden kannst. Im nächsten Schritt ist es wichtig, langfristig negative Gedanken zu verringern und positive Gedanken zu fördern.

„Verstand ist Tiger, Emotion ist Schnecke“

Denkmuster zu verändern ist ein langer und manchmal zäher Prozess. Daher ist es hilfreich, sich die verfassten Spalten-Protokolle und vor allem die alternativen Gedanken regelmäßig durchzulesen (siehe Arbeitsblätter „ABC-Modell Teil 1“, „typische Denkfehler“ und „ABC-Modell Teil 2“). Sei geduldig – etwas Neues zu lernen braucht Zeit. Gedanken zu verändern ist vergleichbar mit dem Erlernen einer neuen Sprache und braucht Training, Übung und viele Wiederholungen.

Aus der neurowissenschaftlichen Forschung ist bekannt, dass das Üben von Denk- und Verhaltensmustern zu neuen neuronalen Verknüpfungen führt. Je mehr Du übst, desto fester werden die neuen Verbindungen. Und lernen kannst Du bis ins hohe Alter (neuronale Plastizität).

Wie Veränderung gelingen kann.

Wenn Du Dir eine neue Gewohnheit antrainieren möchtest, kann es Dir helfen Dich immer wieder daran zu erinnern. Ein Symbol für Dein Vorhaben, eine Postkarte mit einem bestimmten Motiv, die Du an Deinen Spiegel hängst, kann Dir zum Beispiel als Erinnerungshilfe dienen.

Hier findest Du einige Tipps, wie Du negative Gedanken verringern und positive Gedanken steigern kannst.

Umgang mit Grübeln und (übermäßigen) Sorgen

Mal zu grübeln und sich Sorgen zu machen ist normal. Es gibt Zeiten in Deinem Leben, da wird es mal mehr, aber auch mal weniger sein. Natürlich gibt es auch Menschen, die mehr dazu neigen als andere.

Grübeln

Negative Gedanken über Dich, Dein Verhalten oder Deine Entscheidungen, die sich auf die Vergangenheit oder die Gegenwart beziehen und immer wiederkehren, nennt man Grübeln. Grübeln führt im Gegensatz zum Nachdenken zu keiner Lösung. Nimmt es sehr viel Deiner Zeit in Anspruch, drehen sich Deine Gedanken im Kreis, lassen sich nicht kontrollieren und gehen mit einer negativen Stimmung einher, solltest Du etwas verändern. Es ist besonders wichtig, Grübelschleifen zu unterbrechen, damit Deine Stimmung nicht langfristig und dauerhaft negativ beeinflusst wird und Du davon nicht handlungsunfähig wirst.

Sorgen

Plagen Dich immer wiederkehrende (negative) Gedanken, die sich auf Ereignisse in der Zukunft beziehen, spricht man von Sorgen. In einem gewissen Rahmen schützen Sorgen Dich vor möglichen Gefahren. Auch hier gilt aber, dass Du etwas gegen die Sorgen unternehmen solltest, wenn Du dadurch unter starken Ängsten leidest und sie Dich handlungsunfähig machen.

Hier findest Du zwei Möglichkeiten, Grübel- und Sorgenprozesse zu verändern.

Der Gedankenstopp.

Sobald Du bemerkst, dass Du in eine Grübelschleife gerätst, stellst Du Dir in Gedanken ein Stoppschild vor, wie Du es aus dem Straßenverkehr kennst. Dadurch entsteht eine plötzliche Unterbrechung, die es Dir ermöglicht, Dich kurz von den negativen Gedanken abzulenken und anderen Gedanken und Tätigkeiten zu widmen. Kommen die Gedanken wieder, stelle Dir erneut ein Stoppschild vor.

Grübel- bzw. Sorgenzeit.

Um Grübelgedanken und Sorgen zu reduzieren, kannst Du eine zeitlich begrenzte „Grübel- und Sorgenzeit“ einrichten. Nimm Dir am Tag 20-30 Minuten Zeit für Deine Sorgen und Grübelgedanken; am besten nicht direkt vor dem Schlafengehen. Stell Dir einen Wecker, um das Ende der Sorgenzeit nicht zu verpassen und nimm Dir für danach etwas Schönes vor, damit Du nicht in den negativen Gedanken „hängenbleibst“. Während Deiner „Sorgenzeit“ darfst Du Dir so viele Sorgen und Gedanken machen, wie Du willst. Aber am Rest des Tages nicht. Verschiebe die Sorgen und Gedanken immer auf die geplante „Sorgenzeit“. Kommt Dir ein Gedanke tagsüber, sag Dir selbst z. B.: „Jetzt nicht, jetzt mache ich gerade xy, später, um 15:00 habe ich Zeit, darüber nachzudenken.“


Warum gibt es Gefühle – und wie unterscheiden sie sich?

Funktion Deiner Gefühle

Deine Gefühle entstehen durch Deine Gedanken und Bewertungen bestimmter Situationen (siehe Abschnitt 5.1).

Gefühle machen Dein Leben bunt und helfen Dir dabei, Entscheidungen zu treffen. Wie Du fühlst zeigt Dir was Du magst, was Du nicht magst, was Dir wichtig ist, wovor Du Dich fürchtest, was Dir fehlt. Darüber erfährst Du viel über Deine Bedürfnisse und Wünsche. Es gibt angenehme (z. B. Freude) und unangenehme (z. B. Angst) Gefühle. Sie sind weder gut noch schlecht. Beide Ausprägungen gehören zum Leben dazu und haben einen Sinn. Sie warnen Dich etwa vor Gefahren (Angst) oder setzen Energie frei und motivieren (Ärger). Sie liefern Dir also wichtige Informationen.

„Gefühle sagen etwas über Deine Gedanken aus, nicht über die Wirklichkeit.“

Emotionen haben außerdem eine kommunikative Funktion. Der emotionale Ausdruck in Mimik und Gestik zeigt anderen Menschen an, wie es Dir gerade geht und was Du brauchst. Wenn Du traurig bist und weinst, werden andere Dich beispielsweise versuchen zu trösten.

Kritisch wird es, wenn unangenehme und für Dich schmerzhafte Gefühle überhandnehmen (etwa eine anhaltende Niedergeschlagenheit) und wenn die Gefühle aufgrund unangemessener Gedanken entstanden sind (etwa ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit aufgrund von Gedanken wie „Ich habe die eine Prüfung vermasselt, ich werde das Studium nie schaffen“).

Achtsam Deine Gefühle wahrnehmen.

Deine Gefühle geben Dir Auskunft darüber, welche Bedürfnisse gerade befriedigt sind und welche nicht. Nutze diese Info! Halte öfter mal kurz inne und frage Dich: „Wie geht es mir eigentlich gerade? Was könnte die Ursache dafür sein? Kann ich etwas tun, damit es mir besser geht oder die Situation erträglicher/angenehmer für mich wird?“

Wann Emotionsregulation sinnvoll und wichtig ist

Gefühle unterscheiden sich je nach Situation und Person in ihrer Intensität, in den auslösenden Gedanken, in den damit einhergehenden körperlichen Reaktionen und dem Handlungsimpuls. Hast Du ein Gefühl, das Dich blockiert und daran hindert, Deine Ziele zu erreichen, dann solltest Du versuchen es abzuschwächen oder zu verändern. Dazu gibt es verschiedene Ansatzpunkte, die wir Dir vorstellen möchten.

Gefühle gehen mit spezifischen Handlungsimpulsen einher. Bei Angst möchtest Du zum Beispiel so schnell wie möglich die Situation verlassen. Begegnet Dir ein gefährliches Tier, ist das sinnvoll, um Dein Überleben zu sichern. In der modernen Welt, in der wir selten von gefährlichen Tieren bedroht sind, ist es aber nicht immer sinnvoll, diesem Handlungsimpuls zu folgen.

Es gibt drei Fragen, die Du Dir stellen kannst, um zu entscheiden, ob Du dem Handlungsimpuls eines Gefühls folgen solltest oder nicht:

  1. Ist das Gefühl angemessen?
  2. Ist das Gefühl auslebbar?
  3. Ist das Gefühl kontrollierbar?

Beantwortest Du alle drei Fragen mit „ja“, dann solltest Du dem Handlungsimpuls folgen. Falls Du eine der drei Fragen mit „nein“ beantwortest, ist es nicht sinnvoll dem Impuls zu folgen und Du solltest das Gefühl regulieren. Es gibt verschiedene Möglichkeiten mit Gefühlen, die nicht angemessen oder nicht direkt auslebbar sind, umzugehen. Eine davon ist das entgegengesetzte Verhalten (siehe Abschnitt „Gefühle verstehen“).

Wenn Du verschiedene Strategien im Umgang mit Gefühlen kennenlernen möchtest, schau Dir das Arbeitsblatt an.

Gefühle verstehen

Im Folgenden findest Du eine Auflistung häufig auftretender Emotionen und eine Anleitung, wie Du mit ihnen umgehen kannst.

Die Grundemotionen, wie zum Beispiel Freude und Angst, sind angeboren. Im Laufe Deines Lebens erlernst Du viele weitere Gefühle, sogenannte „soziale Gefühle“, wie etwa Scham und Schuld.

Freude

Über das Gefühl/Eine typische Situation: Freude ist ein sehr angenehmes Gefühl, das Energie freisetzt und auf andere ansteckend wirken kann. Du empfindest es in Situationen, in denen Dir etwas Positives passiert, Du etwas erreichst, gewinnst.

Typische Gedanken: „Das finde ich super. Das gefällt mir.“

Funktion des Gefühls: Freude wirkt als Motivator und Verstärker.

Handlungsimpuls: Du bist aktiv, motiviert, zuversichtlich und willst Deine Erlebnisse/Deine Freude vielleicht auch mit anderen teilen.

Entgegengesetztes Verhalten (um die Freude abzuschwächen): Ziehe Dich zurück, bleibe passiv und eher still.

Angst

Über das Gefühl/Eine typische Situation: In Situationen, die Du als bedrohlich oder gefährlich einschätzt, empfindest Du Angst. Angst ist ein lebensnotwendiges Gefühl, das Dich vorsichtig sein lässt und somit evolutionär sinnvoll. Allerdings ist es nicht in jeder Situation angemessen (siehe auch Kapitel 2 „Prüfungsstress meistern“).

Typische Gedanken: „Das wäre ganz furchtbar. Das schaffe ich nicht. Das ist gefährlich.“
Funktion des Gefühls: Wenn Du Angst hast, versuchst Du Dich vor einer Bedrohung zu schützen, die Bedrohung zu bekämpfen.

Handlungsimpuls: Du bist bereit zu kämpfen oder zu fliehen. Oder Du suchst Dir Hilfe bei anderen.

Entgegengesetztes Verhalten (um die Angst abzuschwächen): Stelle Dich der „bedrohlichen“ Situation (ohne zu vermeiden oder anzugreifen) und setze Dich mit der empfundenen Bedrohung auseinander.

Ärger und Wut

Über das Gefühl/Eine typische Situation: Ärger ist ein Gefühl, das Energie freisetzt und mobilisiert. Es zeigt Dir, dass etwas nicht so ist/läuft, wie Du es gerne hättest, etwas oder jemand Deine Zielerreichung behindert oder jemand eine persönliche Grenze von Dir überschreitet. Auch andere Norm-Verletzungen können Ärger auslösen.

Typische Gedanken: „Das ist unverschämt. Das ist gemein/unfair. So darf mich keiner behandeln.“

Funktion des Gefühls: Du erfährst etwas über Deine Wünsche, Werte und Ziele. Du versuchst eine Veränderung herbeizuführen, Deine Grenzen oder auch die Grenzen anderer Menschen zu wahren.

Handlungsimpuls: Du machst Deine Grenzen oder die Grenzen anderer Menschen deutlich und gehst eventuell in Angriff, um diese zu verteidigen.

Entgegengesetztes Verhalten (um den Ärger/die Wut abzuschwächen): Atme ein paarmal tief ein und aus, entspanne Dich sowie Deine Muskulatur und verlasse die Situation.

Trauer

Über das Gefühl/Eine typische Situation: Du bist traurig, wenn Du etwas verloren hast, das Dir wichtig war. Das kann eine Person betreffen, aber auch eine Sache oder Wünsche.

Typische Gedanken: „Das ist schade. Das finde ich schlimm. Das ist ein Verlust für mich.“

Funktion des Gefühls: Durch die Trauer kannst Du den Verlust verarbeiten und als Teil Deines Lebens akzeptieren.

Handlungsimpuls: Wenn Du traurig bist, willst Du Dich zurückziehen, alleine sein oder von anderen trösten lassen.

Entgegengesetztes Verhalten (um die Trauer abzuschwächen): Sei aktiv und suche Ablenkung.

Einsamkeit

Über das Gefühl/Eine typische Situation: Der Mensch ist ein soziales Wesen. Kontakt und Bindung zu anderen ist evolutionär gesehen überlebensnotwendig. Einsamkeit hilft Dir, Kontakt zu anderen zu suchen und soziale Fertigkeiten aufzubauen. Häufig tritt das Gefühl nach einem Verlust auf.

Typische Gedanken: „Ich bin anders. Ich gehöre nicht dazu. Mir fehlt xy.“

Funktion des Gefühls: Du pflegst bestehende Kontakte bzw. baust neue auf.

Handlungsimpuls: Du suchst Kontakt zu anderen und verzweifelst, wenn Du alleine bist.

Entgegengesetztes Verhalten (um die Einsamkeit abzuschwächen): Gestalte Zeit alleine so, dass Du sie genießen kannst.

Scham

Über das Gefühl/Eine typische Situation: Wenn Du die Befürchtung hast durch ein bestimmtes Verhalten von einer Gruppe ausgeschlossen zu werden oder nicht mehr anerkannt zu werden, schämst Du Dich. Situationen, in denen Du öffentlich/vor anderen gedemütigt wirst oder Dir ein „Fehler“ passiert, können Scham auslösen.

Typische Gedanken: „Das ist peinlich. Das hätte ich nicht tun dürfen.“

Funktion des Gefühls:
Scham hilft Dir, Dich an die Regeln Deiner Gruppe zu halten und Dich an diese anzupassen sowie Dich in die Gruppe zu integrieren.

Handlungsimpuls: Du willst Dich verkriechen/in Luft auflösen, das Geschehene am liebsten ungeschehen machen.

Entgegengesetztes Verhalten (um die Scham abzuschwächen): Mach Dir Deine Stärken und Fähigkeiten bewusst und zeige Dich.

Schuld

Über das Gefühl/Eine typische Situation: Wenn Du etwas getan hast, was Deinen eigenen Moral- und Normvorstellungen bzw. denen Deiner Gruppe nicht entspricht oder Du eine Regel/ein Gesetz gebrochen hast, fühlst Du Dich schuldig. Beispielsweise könntest Du Dich schuldig fühlen, wenn Du einen wichtigen Termin Deiner besten Freundin vergessen hast.

Typische Gedanken: „Das habe ich falsch gemacht.“

Funktion des Gefühls: Um keine Schuldgefühle zu haben, versuchst Du soziale und juristische Gesetze/Normen einzuhalten und bleibst so in Deine soziale Gruppe integriert.

Handlungsimpuls: Du willst etwas wiedergutmachen, Dich entschuldigen.

Entgegengesetztes Verhalten (um die Schuld abzuschwächen):
Entschuldige Dich nicht.

Hier findest Du alle Infos zu den Gefühlen in einer Übersicht als Download.

Unangenehme Gefühle zulassen

Wenn Du unangenehme und intensive Gefühle hast, die angemessen sind, solltest Du diese wahrnehmen und zulassen. Auch diese Gefühle gehören zu Dir und zu Deinem Leben dazu. Gefühle zu unterdrücken könnte langfristig zu unkontrollierbaren Gefühlsausbrüchen oder sogar psychischen Problemen führen.

Emotionale Verwundbarkeit

Stress, Hunger, Durst, Müdigkeit … Nicht befriedigte Grundbedürfnisse machen Dich verwundbar und Du kannst mit anstrengenden Situationen, Menschen und eigenen Gefühlen schlechter umgehen. Das kennst Du sicherlich auch, wenn Du hungrig oder müde bist, dann ist auch Deine Grundstimmung eher gereizt. Es klingt vielleicht banal, aber darauf zu achten, dass Deine Grundbedürfnisse befriedigt sind, ist der einfachste Weg, Deine allgemeine emotionale Verwundbarkeit zu verringern.

In der folgenden Übung findest Du ein paar Tipps, wie Du Deine emotionale Verwundbarkeit verringern kannst.

Wenn Gefühle „abfärben“

Auch die Stimmung anderer kann auf Dich „abfärben“/ ansteckend sein, ohne dass Dir das bewusst ist. Schön ist das, wenn es sich um Freude und Begeisterung handelt. Weniger angenehm ist es, wenn jemand in Deiner näheren Umgebung ständig jammert oder wütend ist.

Emotionaler Schutzschild.

Wenn Du eine Stimmung an Dir wahrnimmst, die Du nicht richtig einordnen kannst, halte kurz inne und frage Dich, woran das liegen könnte. Liegt es an einem anderen Menschen, gehe auf Distanz. Wenn dies räumlich (gerade) nicht möglich ist, dann versuche Dich gedanklich zu distanzieren, indem Du in die Vogelperspektive wechselst und die Situation beispielsweise von außen betrachtest.

Ein Tipp zum Schluss

Lass Dir Zeit, wenn Du Deine Denk- und Verhaltensmuster ändern möchtest. Gewohnheiten zu verändern braucht Zeit, Geduld und regelmäßiges Training. Die Gefahr ist, dass Du zu viel von Dir verlangst und zu schnell Erfolgserlebnisse erwartest. Und Frustration hindert Dich eher daran, es weiter zu versuchen. Gehe also Schritt für Schritt vor. Akzeptiere auch kleine Rückschläge. So kommst Du eher an Dein Ziel.

Wenn diese Tipps nicht ausreichen

Du hast die Infos gelesen und die Übungen gemacht, aber Du hast den Eindruck, dass sich in Deinen Gefühlen, Gedanken und Verhaltensweisen trotzdem nichts ändert?
In der Psychotherapeutischen Beratungsstelle der JGU hast Du die Möglichkeit Einzelgespräche wahrzunehmen. Außerdem werden dort jedes Semester Kurse zu den Themen „Emotionsregulation“ und „Depressionen vorbeugen“ angeboten.

Hier findest Du Selbsthilfeliteratur zu den Themen Gedanken und Gefühle verstehen und verändern.

Bevor Du gehst …

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Ein paar kurze Antworten reichen uns schon (dauert max. 5 Minuten). Wir freuen uns auf Deine Anmerkungen.


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